Apr 29 2009

die elster

elsfzu

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Irgend etwas hatte E aus dem Schlaf gerissen und wie so oft war er dann mechanisch durch die Nacht gelaufen, immer die selbe Strecke, immer mit der selben inneren Unruhe. Orientierunglos aus Gedanken hochschreckend blieb er abrupt stehen. Er stand vor einem Burgtor, was ihn erschreckte, denn er war sich nicht bewusst gewesen, dass eine Burg in seiner unmittelbaren Nachbarschaft existierte. Alles war Menschenleer und das weit offen stehende Tor unbewacht. Der Himmel über ihm war kalt und sternenklar und obgleich er äußerlich sicher wirkte, zögerte er innerlich. War es eine seine inneren Stimmen gewesen, die ihn gerufen und hierher geführt hatte? Oder war es die zermürbende Unsicherheit gewesen, die seit jeher an ihm zerrte? Zweifelsohne war er angekommen, stand dem schweren Tor exakt zugewendet und verharrte regungslos. Und ohne einen initialen Gedanken, ohne jeden Anlass, kippte er ganz leicht nach vorne, hob einen Fuß und wie ein langsam und in absoluter Windstille fallender Flaum durchschritt E das Tor, das sich lautlos und geschmeidig hinter ihm schloss. Das innere der Burg war nur spärlich mit qualmenden Petroleumlampen beleuchtet und seine Schritte auf hartem Boden wurden vom Mauerwerk hin und her geworfen. Mehr durch etwas an gesogen, als durch eigenen Antrieb, bewegte er sich durch ein labyrinthtisches Gewimmel von Sälen und Gängen, bis er nach langem Herumirren in einem Ballsaal eintrat und schon aus weiter Ferne erkannte, was ihn anzog. Er schritt geradewegs auf einen mannshohen, schweren Kristallspiegel zu, der, einer Sonne ähnelnd, in der Mitte ein Oval und aussen herum, spiraliert zahlreiche, silbergefasste Strahlen zeigte. Aus seinem Zentrum schien ein komplexer Ton, gleich einem Chor, heraus zu dringen, der vom Wesen her rührend rein und schön war. Als E sich bis auf ein paar Schritte genähert hatte und sein Bild den Spiegel vom Scheitel bis zur Sole ausfüllte, blieb er stehen. Die ihm entgegenquellende Wolke aus weichem Klang umschmeichelte ihn wie eine flauschige Decke. E blickte regungslos in sein eigenes, fahles Gesicht, seine Schritte verhallten und die Welt erstarrte. Nur noch sein Brustkorb hob und senkte sich im Einklang mit dem atmenden Chor. Lange stand er so da. So lange bis seine Wahrnehmung zusammen schmolz und er gleichsam Blind und Taub zu taumeln begann, als plötzlich eine Stimme zu ihm sprach. Eine unbekannte innere Stimme, glasklar, ihm irgendwie bekannt vorkommend, weiblich, vertrauenserweckend und warm. „Alles wird gut! Du bist nicht verurteilt. Das sind alles nur Phantasien und Wahnvorstellungen von Dir. Die Bedrohung ist nicht real! Du bist nicht verurteilt!“ Eine lange Stille folgte, bis E bemerkte, dass er mit aufgerissenen Augen da stand, ohne etwas zu sehen. Er konnte nicht einmal feststellen, ob es hell oder dunkel war. Und erst als sein Kopf einen kleinen, seitlichen Ruck machte, kehrte das Bild zurück und er stand wieder vor dem Sonnenspiegel, nur deutlich näher als vorher, so dass sein durch den Schrecken anschwellender Atem am Glas des Spiegels kondensierte und er aus einem Gefühl der Bedrängnis heraus rückwärts schreitend Abstand nahm. Der Spiegel hatte jede Anziehungskraft verloren. E sah über seine Schulter, drehte sich im gehen um und lief weiter, hallenden Schrittes weg vom Spiegel, egal wohin, nur einfach weg. In dem Gewirr aus leeren Gängen, Räumen und Sälen lief er scheinbar willkürlich herum, obgleich er bei jeder Abzweigung eine eindeutige Präferenz für den einen oder eben anderen Weg hatte. Ohne zu wissen wohin er lief, war er sich sicher den Weg zu kennen. Irgendetwas führte ihn. Seine Gedanken kreisten dabei um das, was er vor dem Spiegel vernommen hatte. Er war verwirrt. Suggerierte ihm die Stimme doch, dass er sich als verurteilt wahrnahm, was nicht der Fall war. Im Gegenteil, er suchte lange und angestrengt nach Erinnerungen von Situationen, in denen er einmal als verurteilt hätte gelten können, doch nichts… er wurde nicht fündig. Er war nie verurteilt worden, von niemandem. Und falls doch, so hatte er zumindest keine Erinnerung daran. Was ihn aber noch mehr verunsicherte war das Gefühl, die beruhigenden Worte der Stimme dankend annehmen zu wollen, ja annehmen zu müssen. Wie konnte er etwas annehmen, das Voraussetzungen beinhaltete, die gar nicht zu trafen? Wie konnte er sich beruhigen lassen, wo jeder Anlass einer Beunruhigung fehlte? Er war weder verurteilt, noch fühlte er sich danach! Und er hatte auch keine Wahnvorstellungen diesbezüglich. Eine Verurteilung findet statt, wenn ein soziales Gebilde ihren Konsens über die Missbilligung einer Handlung eines ihm zugehörigen Individuum kommuniziert. E war ein zurückgezogener Mensch, der ein ruhiges Leben in Tolleranz und Distanz zu seinen Mitmenschen führte. Konflikte gab es so gut wie nie. Doch jetzt, nachdem der Spiegel ihm deutlich und glaubhaft vermittelt hatte, dass er nichts zu befürchten hatte, weil er gar nicht verurteilt sei, fiel ihm ein Stein vom Herzen. Er war wie befreit von einer Last, die ihn schon lange zu erdrücken drohte. Die Erleichterung ist real, dachte E, schnellen Schrittes und riss gerade noch rechtzeitig die Hände hoch, um nicht ungedämpft gegen sich selbst zu prallen. Erschrocken und laut atmend blickte er in seine eigenen Augen. Er stand verdoppelt im Zentrum eines gewaltigen, kreisrunden Saales mit ausgekleidet schwerem, marmornem Ornament, der in seiner Mitte von einem perfekten Spiegel halbiert wurde, so dass die verblüffend glaubhafte Illusion entstand, E stünde in einem runden Saal seinem eigenen Doppelgänger gegenüber. Ein tiefes Brummen lag wie Nebel am Boden. Er verstand sofort, dass der Raum in Wirklichkeit nur halbrund war und erst der nahtlose, vom Boden bis zur Decke reichende Spiegel den Eindruck eines kreisrunden Raumes erzeugte. Doch wenn er die Nahtstelle suchte, an der Spiegel und Parkett aufeinander traten, um die Illusion zu entzaubern, wurde er nicht fündig. Der Spiegel war perfekt und widererwartend lauwarm. Dazu unnatürlich glatt, so als erzeuge er bei Berührung keinerlei Reibung. So ein Material hatte E noch niemals befühlt. Es dauerte eine Weile bis er seiner eigenen Wahrnehmung vertraute und glaubte was er fühlte. Als er mit seinen Fingerkuppen die Kante zwischen Spiegel und Boden nachfuhr, wurde ihm Schwindlig. Ihm war, als würde er visuell etwas bedrohliches fixieren, dass er auch mit faustgeballter Konzentration nicht identifiziert bekam. Als würde dessen Wesen sich dem schmalen Spektrum seiner verfügbaren Kategorisierungsmöglichkeiten entziehen. Wie ein Etwas aus einer fremdartigen Welt, das in Raum und Zeit versetzt, Zeuge eines unerwünschten Beobachters wird und sich nicht zu erkennen gibt. E trat zurück. Er hob die Hände, spreizte die Finger und betrachtete seine Handflächen. Dann führte er die beiden Zeigefinger exakt zusammen, so dass ein Fingerabdruck dem anderen präzise auflag. So neigte er den Kopf und glitt zu Boden, fiel auf die Knie und presste seine gepaarten Zeigefinger mit Kraft auf das Parkett und fuhr eine gerade Linie mehrmals von ihm weg und wieder zu ihm zurück. Währenddessen fühlte er in sich hinein. Dann sprang er mit einem Satz zurück zur Spiegelwand und presste einen Zeigefinger erneut in die Kante zwischen Spiegel und Boden und bewegte den Finger an der Kante entlang hin und her. „Das gleiche Gefühl!“, flüsterte er. E war überzeugt, das was er hier berührte kein Spiegel war – er berührte sich selbst. Auf eine unerklärliche Weise war er doppelt hier und berührte seine eigene Hand. Da sagte eine Stimme „Die Elster!“. Es war die gleiche glasklare, innere Stimme, die E vor dem Sonnenspiegel gehört hatte, nur klang sie nicht mehr wohlwollend und beruhigend, sondern scharf und bestimmend! Das Brummen begann zu wabern und E schossen Bilder durch den Kopf. Lichtes Unterholz, ein Pfeil, einige Kinder, ein Vogel, ein Stein… Jetzt erinnerte er sich. Er hatte als Kind einmal Jäger und Sammler gespielt und war mit selbst gebastelten Bogen zusammen mit Kindern aus seinem Hof in den Laubwald hinter den Feldern gelaufen. Gleich bei einem der ersten Versuche traf er einen Vogel der hoch auf einem Ast saß und als dieser kreischend vor seinen Füßen zappelte, war nicht E es, der den Vogel mit einem großen Stein erlöste, er konnte es nicht, es war sein älterer Freund Sebastian gewesen, der bereits Erfahrung mit dem töten von Fischen hatte. Und obwohl ihn Damals niemand dafür zur Rechenschaft gezogen hatte, Kinder vergessen schnell, blieb das schreckliche Gefühl dieses Moments doch in seinen Knochen stecken und wuchs über die Jahre zu seinem ständigen Begleiter, der ihn hart und unruhig werden ließ. „Danke!“ flüsterte E impulsiv, ohne zu wissen, wie er das meinte, oder mit wem er redete und legte sich erschöpft auf die Seite und hörte dem Brummen zu, dass in Wellen von den Wänden prallte und schloss die Augen. Stunden verstrichen. Irgendwann schlief er wohl ein. Es sollte ein langer und befreiender Schlaf werden, ein Schlaf, nach dem er sich so lange gesehnt hatte.


Apr 15 2009

der ungeteilte raum

ubg

Es geschah an einem Freitagabend. Henrik befand sich auf dem Heimweg, er hatte eine anstrengende Woche im neuen Büro überstanden und wollte nur noch schnell ein paar Besorgungen machen, als ihm in einem Einkaufszentrum ein kleiner, Strohblonder junge in den Weg trat und ihn abrupt zum stehen brachte. Mit ernster Miene streckte der Kleine Henrik seine Hand entgegen und sagte mit großer Entschlossenheit „mitkommen!“. Henrik griff ohne zu zögern die Hand des kleinen, der fest zupackte und ihn im Laufschritt durch die Menschenmenge zerrte. Henrik war so verdutzt von der Kraft, die von dem kleinen Jungen ausging, und so beschäftigt damit, gebückt wie er lief, niemanden um zu rämpeln, dass er bevor er auch nur einen klaren Gedanken fassen konnte, schon durch ein paar Türen auf einen merkwürdig geformten Spiegel zu lief, der ihn je näher er ihm kam umso stärker an sog, so dass er mit ganzer Kraft hinein sprang. Doch statt dem erwarteten, schmerzhaften Aufschlag spaltete sich die Welt in ihre Einzelteile, sein Körper und alles um ihn zerbarst zu weißem Pulver, das scheinbar magnetisch, sich in Bruchteilen von Sekunden zu einer neuen Ordnung zusammensetzte. Es war der blitzschnelle Übergang zweier universeller Ordnungen und jedes Staubkörnchen schien seinen Platz zu kennen, schien zielstrebig um sich herum kraftvoll Struktur zu schaffen, um auf unfassbar elegante Art und Weise aus unendlichem Chaos, kristalline Symmetrie und vollendete Schönheit zu zaubern. Und als wäre nichts gewesen, fand sich Henrik plötzlich in einer gigantischen Halle wieder. Das verrückte war, dass er in vollem Bewusstsein, was soeben geschehen war, das Gefühl hatte, sich hier ganz und gar eingelebt zu haben. Als wäre hier sein zu Hause, seine Heimat, dieser Moment völlig normal und als wäre alles, was ihn ausmacht an seinem Platz. Gemütlich sitzend, sah er sich um. Stühle. Überall dieselben Stühle. Die Halle reichte bis über den Horizont. Die Decke, falls das eine Decke war, lag Kilometer hoch. Vor ihm stand eine Art Sägewerk und nebenan lag ein Waldrand. Es duftete nach frischem Holz. Überall liefen geschäftige Leute herum, die aussahen wie Baumarktmitarbeiter, mit praktischen Latzhosen. Henrik fühlte sich wunderbar. Hier war es hell und gemütlich. Seine Hand befühlte das weiche Holz seiner Stuhllehne. Er saß bequem und sicher auf einem der Millionen Stühle, die hier offensichtlich gefertigt wurden. Er musste sich in einer futuristischen Fabrikhalle befinden, mutmaßte er. Da kam auch schon einer der Mitarbeiter auf ihn zu, reichte Henrik auf eine sonderbare Art die Hand, die ihn dazu brachte aus seiner ungemein bequemen Sitzhaltung aufzustehen. Der Mitarbeiter rückte seinen Helm zurecht, wischte sich eine Schweißperle von der Stirn und wirkte freundlich und hilfsbereit. Ob man denn etwas bräuchte? Das sei ja schon etwas eigenartig. Ob es einem gut gehe? Man könnte problemlos einen Arbeitsanzug besorgen. Nein, das würde gar keine Umstände machen. Und dann kamen sie auch schon von allen Seiten auf Henrik zu und halfen ihm in seinen neuen Arbeitsanzug, erklärten ihm geduldig wie seine Ausrüstung funktionierte, führten ihn durch seinen Arbeitsplatz, zeigten ihm sein Bett, die Kantine und die Toiletten. Es waren keine drei Stunden vergangen, als sich Henrik dabei zusah, wie er an einer komplizierten Maschine mit wenigen Handgriffen in Windeseile einen Stuhl nach dem anderen fertigte, die sein Kollege Herrmann, auf Lastwagen lud. Hier war also sein Platz. Das begriff er sofort. Und es gab daran auch nicht den geringsten Zweifel. Das Essen war gut, er schlief gut und viel, arbeitete den ganzen Tag und wurde getragen aus einer Wolke aus purer Nützlichkeit. Hier machte alles Sinn. Jeder kannte seinen Platz. Jeder Handgriff saß. Keiner beschwerte sich. Und vor allem… all diese wunderbaren Stühle! Ja, es machte ein gutes Gefühl produktiv, eingebunden und aufgehoben zu sein. Und Henrik war sich absolut sicher, hier, glücklich und zufrieden den Rest seines Lebens zu verbringen, als er eines Nachts aufwachte und sich seine Gedanken immerzu um das gleiche Wort drehten. „Entsorgungspresse“. Dieses Wort machte irgendwie keinen Sinn. Er hatte es schon oft gehört. Immer wieder erwähnten Kollegen von ihm diese Entsorgungspresse, doch er konnte sie sich nicht vorstellen. Was wurde entsorgt? Was wurde gepresst? Und als er am nächsten Morgen seinem Vorgesetzten vertrauensvoll sein Herz ausschüttete, wurde er natürlich sofort dorthin versetzt. Zur Presse. Man müsse lieben was man tue und jeder solle sich selbst finden und dort einbringen, wo er der Gemeinschaft höchsten Nutzen bringe. Das leuchtete Henrik ein. Die Fahrt dauerte keine zwanzig Minuten und die Einweisung in seine neue Arbeit ging ähnlich schnell wie beim ersten Mal und bestand darin, Stühle, die von einem Lastwagen angeliefert wurden entgegenzunehmen und in eine Pressvorrichtung zu geben. Daraus würde Humus gemacht, der dem Waldboden untergemischt werden würde. Aber als er einen Kollegen entrüstet befragte, welchen Sinn es machte Stühle erst mühsam herzustellen, um sie anschließend zu Humus zu verarbeiten, nahm ihn plötzlich ein kleiner, Strohblonder Junge bei der Hand, und führte ihn bestimmt durch ein paar Türen in einen Raum mit einem merkwürdig geformten Spiegel, der ihn unwiderstehlich anzog. Zwei universelle Ordnungen gingen blitzschnell ineinander über. Sekunden später fand sich Henrik in einem langen Gang wieder. Lang war eigentlich untertrieben, dessen Ende schien sich in der Unendlichkeit zu verlieren. Alles war in dunkelrotes Licht getaucht, die Wände waren mit Plüsch überzogen und alle paar Meter gab es Türen, auf denen fremdartiges Symbolwirrwarr heftete. Hin und wieder öffnete sich eine der Türen und junge Leute, die nur mit einem Handtuch bekleidet waren, als kämen sie gerade aus der Sauna, liefen ein Stück, um hinter einer anderen Türe zu verschwinden. Henrik war das unheimlich. Er lief eine Weile und kam an eine Kreuzung, an der zwei dieser unendlich langen Plüschgänge aufeinander trafen. Er bog ab und lief ein paar Stunden ziellos herum. Jede siebzehnte Türe hob sich farblich von den anderen ab. Keiner der seltsamen Saunabesucher sprach ihn an. Und obwohl Henrik keinerlei Bedürfnis verspürte durch eine der Türen zu gehen, befremdliche Geräusche schienen daraus zu dringen, gab er sich einen Ruck, öffnete eine und sah hinein. Darin hatten gerade zwei Saunabesucher Sex. Peinlich berührt schloss er leise die Türe und irrte weiter durch die Gänge. Ab und zu öffnete er wieder eine der Türen und fand überall das gleiche Bild. In allen Räumen hatten Saunabesucher lautstarken Sex. Nur nicht in den Räumen hinter den siebzehnten Türen. Die waren etwas größer und es standen Podeste darin, wie man sie bei Siegerehrungen bei Olympiaden verwendet. Dort ließ er sich eine Weile nieder und schlief ein. Geweckt wurde er von einem abrupten Ansturm von Saunabesuchern, die förmlich den Saal fluteten und alle versammelt, in einem bizarren Ritual offenbar eine Art Siegerehrung des potentesten Pärchens vollzogen, die kreischend eine Glaskugel überreicht bekamen und sich anschließend vor jubelnder Menge gegenseitig ihre Geschlechtsteile mit Leuchtfarbe einrieben. Dann ertönte ein Geräusch, was Henrik an den Gong aus seiner Volksschule erinnerte und der Saal leerte sich so schnell, wie er sich gefüllt hatte und ein Strohblonder Junge streckte ihm seine Hand entgegen. Zwei universelle Ordnungen gingen blitzschnell ineinander über und Henrik fand sich wieder in einer unendlichen Krankenhauswelt, in der alle Menschen zugleich weiß uniformierte Ärzte als auch Hypochonder waren. Viele davon befanden sich paarweise eingesperrt in mobilen Gondeln, der Therapeut saß, der Patient lag und auf Knopfdruck konnten sie ihre Rollen und Körperhaltungen austauschen, so dass sie sich bis in alle Ewigkeit in einem Ping-Pong-Verfahren wechselseitig therapierten. Und als einer von Henriks Patienten während eines Hirnchirurgischen Eingriffs aus der Narkose aufwachte, einfach so aufstand und ihn mit Nachdruck aufforderte sich seine Schädeldecke aufzusägen, griff ein kleiner Junge nach seiner Hand und zwei Ordnungen gingen blitzartig ineinander über und Henrik war auf einmal der weiseste aller Affen, die im Kreis sitzend auf den fortschrittlichsten aller Supercomputer einredeten, um ihn davon zu Überzeugen, innerhalb eines zweiten, baugleichen Supercomputers, ein Pan-Intelligentes Wesen frei zu schalten, dass nicht nur die letzten Probleme der Welt lösen sollte, sondern auch diese ungenügende Welt schlagartig auf eine Metaebene transformieren werde, um  endlich und endgültig die Primitivität von biologischen Intelligenzen zu überwinden und mit einem sauberen Neuanfang Punkte im innergalaktischen Ranking zu sammeln, um der unausweichlichen Vernichtung doch noch auszuweichen. Billionen… einfach alle Augenpaare der Welt, waren mittels Fernsehübertragung auf den Kreis der Affen gerichtet und alle Affenaugenpaare waren wiederum auf Henrik gerichtet. Henrik zitterte. Die Nerven zerfetzende Stille war unerträglich, seine innere Spannung mehr als schmerzhaft. Es lag nun in seiner Verantwortung alles, die Welt und sich selbst zu beenden, um etwas neuem, höherem Platz zu machen und er wusste er würde es tun. Er war der einzige, der das konnte. Und als er mit einem resignierenden Senken des Kopfes, das alles in Gang setzende und absolut irreversible Zeichen zur Machtübergabe gab, wurde Henriks Welt durch und durch leer und schwarz. Nur ein kleiner, Strohblonder Junge schwebte noch über ihm und sprach: „Versuche nicht den Raum zu teilen und lebe alles was du bist. Wer Du bist, weißt du selbst am besten. Und wenn wieder jemand zu dir kommt, um dich für deinen nützlichsten Teil von deinem Rest zu trennen sage ihm…“ Zwei Ordnungen gingen blitzartig ineinander über, es wurde hell und Henrik sagte: „Neee, lass ma’… iss mir jetzt nich’ nach!“ Und der fremde Mann im schmutzigen Fellumhang runzelte die Stirne, grunzte verächtlich und lief zurück in die Richtung, aus der er gekommen war. Henrik saß vergnügt, zusammen mit seiner Sippe am Lagerfeuer und grillte sich ein schönes Stück des Hirschen, den die Männer heute mit viel Mühe mit Speeren erlegt, transportiert und Feuersteinen zerlegt hatten. Die Frauen sangen und hatten einen großen Topf Beeren gebracht und die Kinder jauchzten und tollten am Fluss. Es wurde Herbst und Henrik hatte sich noch niemals in seinem Leben so echt gefühlt. Es war ein einfaches Leben. Ein Leben, in dem Hunger und Durst, Sonne und Kälte und vor allem die Gemeinschaft den Ton angab. Zum ersten Mal war er ganz im Reinen mit sich und der Welt. Manchmal dachte er noch an sein altes Leben im neuen Büro. Doch zurück wollte er auf keinen Fall und aus wahrscheinlich diesem Grund sah er den Strohblonden Jungen auch nie wieder. Die Ordnung der Welt hatte sich gefunden.

 


Apr 2 2009

gertrude zimmermann

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Apr 1 2009

sie tanzen da was

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